Visionspapier

Visionen für ein lebenswertes, solidarisches Zürcher Oberland

Im Kapitalismus ist ein gutes Leben für alle nicht möglich. Im Gegenteil, die Ausbeutung von Mensch und Natur stellt uns vor existenzielle Bedrohungen. Während das reichste Prozent einen Grossteil des neuen Vermögens bei sich anhäuft, wird über die Hälfte der Weltbevölkerung ärmer (Oxfam, 2024) . Der Wachstumszwang führt ausserdem dazu, dass wir immer mehr Ressourcen aus der Erde entnehmen, wodurch die Klimakatastrophe, die Biodiversitätskrise sowie unzählige weitere ökologische und soziale Krisen massiv befeuert werden. Für uns ist darum klar: Nur der Sozialismus ist unsere Zukunft! Wir kämpfen für den Sozialismus – international und zu unseren Lebzeiten. Bis dahin müssen sich grundlegende Dinge ändern, damit sich die Lebensgrundlagen unmittelbar für alle Menschen verbessern. Auf der ganzen Welt, in der Schweiz und im Zürcher Oberland. Gerade weil unser Kampf international ist, ist es für uns wichtig, unsere Visionen für das Zürcher Oberland auszuformulieren und so die Umsetzbarkeit unserer Forderungen auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene aufzuzeigen. Dieses Papier veranschaulicht unsere Visionen für ein lebenswertes, solidarisches Zürcher Oberland.

Das Visionspapier als PDF

Gleichstellung

Noch immer werden FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans & agender Personen) in der Schweiz auf allen Ebenen diskriminiert. Das Patriarchat werden wir nicht im Zürcher Oberland allein überwinden können, doch gibt es Forderungen, die hier umgesetzt werden können und müssen oder die in unserer ländlichen Region eine ganz besondere Relevanz haben.

Einkommen

Im folgenden Abschnitt wird von Frauen und Männern gesprochen, weil in den Statistiken nur binäre Geschlechterdaten erhoben wurden. TINAs (trans, inter, nicht-binäre und agender Personen) sind in diesen Statistiken unsichtbar. Laut dem Bundesamt für Statistik liegt der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern bei 10,08% (Stand 2020). Diese Lohnungleichheit zieht sich durch alle Lohnklassen. Frauen sind also wirtschaftlich benachteiligt. Doch woran liegt das?
Frauen arbeiten häufiger in Jobs, welche weniger gut entlohnt werden als stereotyp männlich zugeschriebene Berufe. Diese Jobs sind vor allem dem Gesundheitsbereich, Sozialwesen oder Detailhandel zuzuordnen (EBG, 2023). Helena Trachsel, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung im Kanton Zürich, stellt fest, dass Frauen anders sozialisiert werden als Männern. So stehen Frauen weniger häufig für eine Lohnerhöhung ein als Männer. Von Frauen wird gesellschaftlich erwartet nachgiebig zu sein, nachzugeben und einzulenken. Diese Eigenschaften sind bei Lohnverhandlungen nicht gerade förderlich. Zudem kommt auch noch das veraltete Rollenbild, dass Männer für das Haupteinkommen und Frauen für den Haushalt und Kindererziehung verantwortlich seien (Beobachter, 2022).
Dazu kommt, dass Frauen häufiger in Teilzeit arbeiten, um der unbezahlten Care-Arbeit (z.B Betreuung von Familienmitgliedern und Haushalt) nachkommen zu können. Frauen leisteten im Jahr 2020 ca. 50% mehr Care-Arbeit als Männer(BFS, 2021). Allein im Jahr 2020 wurden in der Schweiz 9,8 Milliarden Stunden unbezahlte Care-Arbeit geleistet. Das entspricht circa 434 Milliarden Franken (BFS, 2022).
Durch das geringere Erwerbseinkommen müssen Frauen mit finanziellen Einbussen und Nachteilen in der Karriere rechnen. Ausserdem ist die Altersvorsorge nicht ausreichend abgedeckt, wodurch das Risiko einer Altersarmut deutlich steigt.

Vermögen

In fast keinem Land gibt es so viele Superreiche wie in der Schweiz. Die Schweiz liegt mit einem*einer Milliardär*in pro 232’556 Einwohner*innen, auf Platz 2 der meisten Superreichen nach der Bevölkerungszahl. Jedoch gibt es in der Schweiz nicht nur sehr viele Reiche, sondern auch viele Menschen, die in Armut leben. 745‘000 Schweizer*innen sind armutsbetroffen und 1,25 Millionen Menschen gelten als armutsgefährdet (Stand 2021). Die Schere zwischen Arm und Reich ist in der Schweiz enorm gross und ebenfalls ein Faktor, welcher Ungleichheit schafft.
Wie sieht die Vermögensverteilung bezüglich den Geschlechtern aus? Ein Blick auf die schweizerische Forbes-Liste aus dem Jahr 2023 reicht, um zu sehen, dass von den 41 Menschen nur 9 Frauen sind. Dies entspricht einem Anteil von nur 22% (EKF, 2023).

Sexualisierte und Häusliche Gewalt

Doch die Diskriminierung gegenüber FLINTAs macht sich auch in anderen Bereichen bemerkbar.
Fast alle FLINTAs, die in der Schweiz leben, haben schon mal in irgendeiner Form sexuelle Belästigung oder sexualisierte Gewalt erlebt. Zwar wurde die Gesetzesänderung „Nein heisst nein“ angenommen, was ein wichtiger Schritt in ein konsensbasiertes Sexualstrafrecht war, doch dies ist längst keine ausreichende Massnahme. Die “Nur Ja heisst Ja” Lösung ist der einzige Weg Betroffene vor Victim Blaming zu schützen. Die Gesellschaft in der Schweiz ist immer noch zu wenig sensibilisiert auf dieses Thema. Sexuelle Übergriffe geschehen weiterhin täglich. Auch die Polizeibeamt*innen sind zu wenig auf das Thema sensibilisiert und Anzeigen sexualisierter Gewalt werden häufig nicht ernst genommen.
Eine Umfrage von Amnesty International von 2019 ergab, dass in der Schweiz mehr als jede zehnte Frau schon vergewaltigt wurde.
Sexualdelikte werden selten angezeigt. Die Betroffenen schämen sich oftmals, geben sich selbst die Schuld oder haben Angst vor einem darauffolgenden Prozess, welcher auch retraumatisierende Folgen mit sich bringen kann. Im Jahr 2016 wurden in der Schweiz 495 Personen wegen Vergewaltigung angezeigt, davon aber nur 97 verurteilt. Dies lag oftmals daran, dass die Beweise nicht für eine Verurteilung ausgereicht haben und vor Gericht oftmals Aussage gegen Aussage steht (SRF, 2017).
Zusätzlich zur sexualisierten Gewalt werden vermehrt FLINTAs auch Opfer von häuslicher Gewalt. Alle zwei Wochen stirbt ein Mensch an den folgen häuslicher Gewalt, wovon 75% Frauen und Mädchen sind, zu genderqueeren Menschen fehlen die Zahlen gänzlich. Von den polizeilich registrierten Straftaten, die im häuslichen Bereich passieren, sind die Opfer über 70% Frauen & Mädchen (EBG, 2023).
FLINTAs of colour sind in der Schweiz noch stärker von sexualisierter und häuslicher Gewalt bedroht und erleben täglich Diskriminierung in Form von rassistischen Äusserungen, Diskriminierung auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt und Angriffe auf die körperliche Integrität.

Selbstbestimmung

Alle Menschen sollten ihre Sexualität und Geschlechtsidentität frei ausleben dürfen, solange sie niemandem Schaden zufügen und stets das Konsens-Prinzip berücksichtigen.
Menschen, die nicht heterosexuell sind und sich keinem binären Geschlecht zugehörig fühlen, werden in der Schweiz diskriminiert. In fast allen Statistiken in der Schweiz geht es nur um die beiden binären Geschlechter. Über trans, inter, nicht-binäre und agender Personen werden praktisch keine Daten erhoben. Dadurch werden diese Menschen weniger repräsentiert und in Statistiken wird ihnen die Existenz abgesprochen. Vorherrschende Diskriminierungen werden so unsichtbar gemacht.
Der Bundesrat hat im Jahr 2022 entschieden, dass nicht-binäre Menschen keine Möglichkeit haben sollten, im Personalregister ein drittes Geschlecht eintragen zu können. Durch diese Entscheidung wird nicht-binären Personen ihre Identität abgesprochen.
Queere Menschen werden immer wieder Opfer von Gewaltverbrechen aufgrund ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität. Im Jahr 2020 wurden in der Schweiz 61 Fälle von Hate Crime gegen queere Menschen gemeldet. Die Dunkelziffer ist allerdings sehr hoch (bern*lgbt, 2021).
Jeder Mensch sollte ein Recht auf eine Familie haben. Während die männliche Unfruchtbarkeit durch eine legale Samenspende behoben werden kann, ist die Eizellspende in der Schweiz weiterhin illegal. Durch diese Einschränkung ist es unfruchtbaren Personen und Menschen in gewissen queeren Beziehungen nicht möglich, schwanger zu werden und leibliche Kinder zu haben. Diese Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern ist nicht fair und ist eine weitere Auswirkung der patriarchalen Strukturen der Schweiz.

Intersektionalität1

All die oben genannten Probleme und Diskriminierungsformen überlappen sich oftmals und viele FLINTAs leiden häufig unter mehreren Arten der Benachteiligung und Unterdrückung. Zum Beispiel sind POC FLINTAs häufig Sexismus und gleichzeitig auch Rassismus ausgesetzt. FLINTAs, die wenig finanzielle Mittel zur Verfügung haben, können gleichzeitig an sexualisierter Gewalt und den Folgen der Armut leiden. Die Auswirkungen von sich überlappenden Diskriminierungsformen sind weitaus vielschichtiger und komplexer als hier dargestellt und betreffen FLINTAs in besonders starkem Mass.
Wir als JUSO können aber dafür kämpfen, dass die Schweiz zu einem gerechteren und sichereren Ort wird, in dem die Vielseitigkeit und Lebensweisen von FLINTAs respektiert und gestärkt werden.

Aufgrund all diesen vorherrschenden Ungleichheiten fordern wir:

  • eine detaillierte Erhebung der Löhne über alle Geschlechter hinweg im Zürcher Oberland, um festzustellen, wie gross die Lohnunterschiede sind.
  • die Finanzierung und Durchführung einer Sensibilisierungskampagne in allen Zürcher Oberländer Polizeiposten, kantonalen und kommunalen Organisationen und Schulen bezüglich sexualisierter und häuslicher Gewalt.
  • die Finanzierung und Durchführung von Sensibilisierungskampagnen an allen Primar-, Sekundar-, und Kantonsschulen bezüglich Sexualität und Geschlechtsidentität.
  • konstante und umfassende Datenerhebungen zu sexualisierter und häuslicher Gewalt gegenüber FLINTAs im ZO.
  • unabhängige, aber öffentlich finanzierte Anlauf- und Beschwerdestellen im ZO für Betroffene von sexistischen Amtshandlungen.
  • einen nationalen Mindestlohn von 5000.- CHF/Monat, um der Lohnungleichheit entgegenzuwirken.
  • Ausreichende und bezahlbare Kitaplätze, damit Familien im Zürcher Oberland Zugang zu einer familienergänzenden Betreuung haben.
  • Eine Ausreichende Finanzierung des Frauenhauses ZO in Uster
  • Ausreichende Beleuchtung an öffentlichen Orten, damit Personen im Dunkeln sicherer fühlen können.

1 Intersektionalität: die Idee, dass eine Person von mehreren Diskriminierungsformen oder mehreren Formen sozialer Ungleichheit betroffen sein kann. So wird z.B. eine schwarze lesbische Frau, nicht nur als Lesbe, sondern auch als Frau und als schwarze Person diskriminiert. Die verschiedenen Diskriminierungserfahrungen lassen sich dabei nicht einfach nur addieren, sondern entsteht eine spezifische Form der Unterdrückung. (weiterführende Quelle: Crenshaw, Kimberle. „Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, Feminist Theory and Antiracist Politics,“ University of Chicago Legal Forum: Vol. 1989: Iss. 1, Article 8. Link)


Klima & Umwelt

Die Klimakrise ist hier. Ihre Folgen spüren wir bereits heute und sie werden Jahr für Jahr stärker. Waldbrände, Dürren, extreme Hitze, Überschwemmungen und Unwetter sind nur einige der Folgen. Die Klimakrise ist die existenziellste Krise unserer Zeit, die all unsere Lebensgrundlagen gefährdet und grosse Teile der Erde in naher Zukunft unbewohnbar machen könnte (Nature Sustainability, 2023).
Eine weitere Gefahr für unsere Lebensgrundlagen ist die Biodiversitätskrise, die sowohl die Klimakrise verstärkt und durch die Klimakrise verstärkt wird. Lebensräume verschwinden, Pflanzen- und Tierarten sterben aus. Dabei sind wir auf starke und widerstandsfähige Ökosysteme angewiesen, um die Bevölkerung mit genügend Ressourcen zu versorgen.
Die Schweiz trägt als reiches Land im Globalen Norden eine besondere Verantwortung. Hier liegt ein international relevanter Finanzplatz, der mit Investitionen immer noch im grossen Stil den Abbau fossiler Energien und die Zerstörung ganzer Landstriche vorantreibt. Aus diesem Grund sind die nationalen und internationalen Forderungen der JUSO Schweiz von zentraler Bedeutung (JUSO Schweiz, 2019).
Doch auch das Zürcher Oberland steht sinnbildlich für einige der grössten Klima- und Biodiversitätssünden. Trotz bekannter Auswirkungen auf die Emissionen soll zwischen Hinwil und Uster eine neue Autobahn gebaut werden. Das Zürcher Oberland ist ausserdem geprägt von intensiver Landwirtschaft mit hohem Pestizid- und Düngereinsatz. Die Auswirkungen davon auf die Grundwasserqualität kann bereits heute deutlich aufgezeigt werden (scnat Netzwerk, 2019).
Die massiven ökologischen und klimatischen Krisen können nicht im Oberland gelöst werden, und dennoch müssen auch hier entscheidende Veränderungen vorgenommen werden. So werden beispielsweise an verschiedenen Standorten im Zürcher Oberland Windparks geplant. Diese werden jedoch bereits jetzt von den bürgerlichen Parteien massiv bekämpft.

Wir fordern:

  • Keine neuen Autobahnen in Zeiten der Klimakrise! Der Kanton sowie die anliegenden Gemeinden müssen sich dafür einsetzen, dass die Autobahn A15 aus dem eidgenössischen Richtplan gestrichen wird und stattdessen nachhaltige Alternativen ausgearbeitet werden, die den öffentlichen Nahverkehr in der Region stärken und die Hauptstrasse 340 entlastet wird.
  • Energie aus Russikon statt aus Russland! Windenergie ist eine wichtige Komponente der Energiewende. Wir fordern eine gründliche und unvoreingenommene Prüfung der potenziellen Standorte im Zürcher Oberland und den Bau von Windrädern bei Bestehen der Eignungsprüfung.
  • Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsnetzes im Zürcher Oberland! Nur ein guter und kostenloser öffentlicher Verkehr ermöglicht es, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren. Der ÖV muss in Zentren und in der Peripherie gestärkt werden. Neu soll unter anderem eine schienengebundene Verbindung von Uster über Volketswil nach Effretikon geschaffen werden, wie dies in einem Postulat an den Zürcher Regierungsrat vom 26. Juni 2023 gefordert wurde.
  • Förderung einer regenerativen Landwirtschaft! Die Landwirtschaft ist in der Schweiz Hauptverursacherin der Treibhausgasemissionen des Luftschadstoffes Ammoniak und der Treibhausgase Methan und Lachgas und darum ein wichtiger Faktor, um die Treibhausgasemissionen zu verringern. Durch bodenschonende Bewirtschaftung können die Böden mehr CO2 speichern. Diese Bewirtschaftung ist jedoch aufwändiger als die herkömmlichen Bewirtschaftungsmethoden und braucht deshalb Förderung.
  • Mehr Biodiversitätsflächen! Gut vernetzte Biodiversitätsflächen sind wichtige Lebensräume und Korridore für Amphibien, Reptilien, Insekten, Vögel und Säugetiere sowie diverse Pflanzenarten und sind entscheidend im Kampf gegen das Artensterben.
  • Renaturierung von Landflächen, um CO2-Speicherkapazität zu erhöhen! Naturbelassene und naturnahe Landflächen können mehr CO2 aufnehmen, als bewirtschaftetes Land. Wo möglich sollen die Flächen deshalb revitalisiert werden (z.B. Moore).
  • Gemeinnütziger Wohnungsbau! Der Platzbedarf gemeinnütziger Wohnungen ist kleiner, dadurch brauchen sie weniger Heizenergie.
  • Autofreie Städte und Dörfer innerorts! Dadurch wird der Verkehr reduziert und die Luftqualität verbessert, ausserdem werden so lokale Produzent*innen gefördert. Der öffentliche Verkehr muss so ausgebaut werden, dass der Verzicht auf das Auto für alle möglich ist. Für Gewerbe und Notfälle, sowie Menschen, die aus diversen Gründen auf das Auto angewiesen sind, gibt es Ausnahmen. Darüber Hinaus greift die Engführung auf Treibhausgasemissionen viel zu kurz. Elektroautos weisen fast alle Nachteile auf, die auch Autos mit Verbrennungsmotoren aufweisen (riesiger Platzbedarf, Staus, Unfallgefahr, etc.) Auch ist der Ressourcenverbrauch und die damit verbundene Ausbeutung von Mensch und Natur im Globalen Süden für Autos immens hoch.
  • Generell Tempo 30 innerorts, wo komplette Befreiung vom motorisierten Individualverkehr nicht möglich ist.
  • Ausbau des Velo- und Fussverkehrs auf Kosten von öffentlichen Parkplätzen.
  • Förderung von «Green Infrastructure»! Durch vermehrte Begrünung der Städte können erhebliche Mengen an CO2 gespeichert, Wasser gefiltert und die Luftqualität verbessert werden. Zudem können mit mehr Grün in der Stadt die Temperaturen merklich gesenkt werden. Die Lebensqualität in Städten verbessert sich stark.
  • Förderung von «commons»! Commons oder Gemeingüter sind Ressourcen, Aktivitäten und Dienstleistungen, die gemeinschaftlich, solidarisch und demokratisch genutzt werden. Sie können so den Ressourcenverbrauch reduzieren, da Güter geteilt werden können.
  • Ausbau gemeinschaftlich genutzter Orte und Räume! Das soziale Leben muss ein wichtigerer Aspekt unserer Gesellschaft werden. Gemeinsam genutzte Räume und Institutionen schonen Ressourcen.

Wohnen & Leben

Wohnen ist ein Menschenrecht! Jeder Mensch hat das Recht auf Wohnen, jeder Mensch braucht eine Wohnung. Dieser Zustand darf nicht von den Profitinteressen der Kapitalist*innen ausgenutzt werden.
Das Leben ist für viele Menschen in der Schweiz aktuell zu teuer. Durch Inflation1, steigende Energiepreise und steigende Hypothekarzinsen wird Wohnen für Mieter*innen in der Schweiz zukünftig rund 5% teurer. Die bereits sehr hohen Wohnkosten werden durch steigende Stromkosten noch weiter in die Höhe getrieben.
Die Frage des Wohnens ist für das Wohlergehen der Menschen zentral. Die seit Jahren andauernde Spekulation mit Wohnraum, steht in krassem Widerspruch zu den Wohnbedürfnissen der 99%. Die Ballung in städtischen Zentren auf Grund von Jobmöglichkeiten bringt die Menschen dazu, aus den ländlichen Gebieten wegzuziehen.
Die Spekulation2 von Unternehmen und Privatpersonen treibt die Mieten besonders in diesen Gebieten, in denen die Nachfrage hoch ist, in die Höhe und macht sie für viele unbezahlbar. Viele Besitzer*innen nutzen diese Situation skrupellos aus, um Profit daraus zu schlagen. Dies führt dazu, dass besonders Menschen, die gering verdienen vom Wohnungsmarkt ausgeschlossen werden. Der Spekulation mit den Grundbedürfnissen der Menschen muss ein Ende gesetzt werden.
Der Wohnraum muss dem freien Markt entzogen und gemeinschaftlich verwaltet werden. Das bedeutet, dass die grossen Immobilienkonzerne enteignet werden müssen, nur so kann der Mietenkrise ein Ende gesetzt werden.
Bevor dies auf nationaler und internationaler Ebene passiert, müssen regional bereits viele Massnahmen getroffen werden, um die Lebenshaltungskosten der Menschen im Oberland zu senken und die Lebensqualität zu steigern:

  • Wohnungen: Oberländer Gemeinden müssen freiwerdende Wohnungen kaufen und günstig vermieten oder an Genossenschaften weiterverkaufen. Dafür braucht es ein kantonales Vorkaufsrecht für Gemeinden.
  • Gemeinnütziges und ökologisches Bauen muss von den Gemeinden gefördert werden.
  • Das Mietrecht muss so angepasst werden, dass Teuerungen und steigende Unterhaltungs-kosten nicht auf Mieter*innen übertragen werden können, sondern von Besitzer*innen übernommen werden müssen, um Mieter*innen von Mietzinserhöhungen zu schützen.
  • Anfallende Renovationen dürfen keine Leerkündigungen bedeuten, sprich die Kündigung aller Mietverträge eines Hauses für dessen Umbau oder Totalsanierung. Dies muss gesetzlich so festgeschrieben werden.
  • Die Schweiz muss eine Strompreisdeckelung einführen, besonders auf umweltschädliche Energieträger, wie Gas und Erdöl, um ökologisches Wohnen zu ermöglichen. Kosten für Strom, der zur Deckung des Grundbedarfs dient, müssen gedeckelt werden, während Luxusverbrauch mehr kosten muss.
  • Kultur Förderung: Damit sich Anwohner*innen nicht immer an den Städten orientieren müssen, braucht es auch mehr Kultureinrichtungen im Oberland: Bibliotheken, Kaffees, Bars, Clubs, GZs, Jugendtreff, Kinos, Museen, Konzerte, usw. So verkürzen sich die Reisewege und hilft der Umwelt und entlastet die ÖV. Es werden so auch neue Jobs entstehen und das Oberland wird interessanter für Jung und Alt.
  • Keine privaten Seezugänge: Der Pfäffikersee sowie der Greifensee sollten rundum öffentlich bleiben für die Allgemeinheit. Damit kann sich das Oberland als Naherholungsgebiet mit einem guten Ruf schmücken. So bleibt auch die Wohnlage für alle, nicht nur die, welche direkt am See Wohnen ausgeglichen und attraktiv.
  • Wohnungen: Oberländer Gemeinden müssen freiwerdende Wohnungen kaufen und günstig vermieten oder an Genossenschaften weiterverkaufen. Dafür braucht es ein kantonales Vorkaufsrecht für Gemeinden.

Mehr Infos: Positionspapier der JUSO Schweiz "Sofortmassnahmen gegen immer teurere Wohnkosten"


1 Inflation spiegelt die Abnahme der Kaufkraft, also den Kaufkraftverlust, einer Währung wider. Werden Produkte in einem bestimmten Zeitraum teurer, verlieren die gleichbleibenden Löhne an Wert. Eine Inflation kann verschiedene, häufig geopolitische Ursachen haben.
2 Als Immobilienspekulation wird die Aktivität von privaten oder gewerblichen Investoren bezeichnet, deren Ziel die Gewinnerzielung durch Transaktionen auf dem Immobilienmarkt ist. Die Spekulation mit Immobilien besteht aus dem Erwerb und der späteren Veräußerung von Immobilien, wobei bei erfolgreicher Spekulation der Verkaufspreis eines Immobilienobjekts höher ist als sein Einkaufspreis.


Antirassismus und Migration

In einer Gesellschaft ist Demokratie essenziell. Die Schweiz steht vor erheblichen Herausforderungen in der demokratischen Partizipation. Ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung wird ausgeschlossen, denn über ein Viertel der in der Schweiz lebenden Personen besitzt keinen Schweizer Pass. Migrant*innen sind von der aktiven politischen Mitgestaltung ausgeschlossen. Diese Ausgrenzung betrifft über 2.2 Millionen Personen, die hier leben und von den Entscheidungen betroffen sind, ohne die Gelegenheit zur aktiven Teilnahme an Diskussionen und Entscheiden zu haben.
Die Problematik verstärkt sich bei Personen, die sich nach schweizerischem Recht „illegal“ im Land aufhalten. Sie können jederzeit abgeschoben werden, was bereits zu wiederholten Todesfällen in Abschiebehaft oder nach Abschiebungen geführt hat. Diese erzwungenen Ausweisungen verletzen eindeutig die Menschenwürde. Hierbei sind die Oberländer Gemeinden in der Verantwortung, um diese Missstände zu adressieren und menschenwürdige Lösungen zu fördern.

Wir fordern:

  • Automatische Einbürgerungen nach 5 Jahren Niederlassung. In der Schweiz geborene Kinder sollen die Staatsbürgerschaft automatisch erhalten: Wer in der Schweiz lebt und Teil dieser Gesellschaft ist, soll die gleichen Rechte wie alle anderen haben. Der Geburtsort kann nicht gewählt werden, wer Glück hat, geniesst Privilegien, welche anderen immer verwehrt bleiben. Für und ist klar, dass niedergelassene Personen nach 5 Jahren und Kinder, welche in der Schweiz geboren werden, die Staatsbürgerschaft automatisch erhalten sollen.
  • Mehr Investitionen ins Schweizer Asylsystem zugunsten von geflüchteten Menschen: Die Situation in vielen Asylunterkünften ist menschenunwürdig. Die Absicht, besonders von bürgerlichen Politiker*innen besteht darin, möglichst wenig Geld ins Asylwesen zu investieren. Dies ist kein zufälliges Problem, sondern hat klar System. Ihr Ziel ist es die momentanen Umstände aufrechtzuerhalten und diese Menschen an den Rand der Gesellschaft zu treiben. Das Sicherheitspersonal ist unzureichend und nicht auf den Umgang mit traumatisierten Menschen geschult. Besonders FLINTA-Personen, mehrfach diskriminierte Personen und Menschen mit Behinderungen werden nicht genügend geschützt und sind einem höheren Risiko ausgesetzt. Gewalttätige Übergriffe sind keine Ausnahmen und stets systematisch.
  • Konstante und umfassende Datenerhebung: Vorfälle von rassistischer und sexualisierter Gewalt sowie Diskriminierung in staatlichen Institutionen und in der Gesellschaft im Zürcher Oberland müssen gesammelt und entsprechend Massnahmen ergriffen werden. Folglich müssen umfassende Unterstützungssysteme geschaffen werden, damit Betroffene einen sicheren Zugang zu Anlaufstellen und professioneller Hilfe erhalten.
  • Ein Stopp von Ausschaffungen und keine Finanzierung der Frontex: Nicht nur die Abschiebungen sind höchst problematisch, sondern vor allem das Konzept von „Sicheren Drittstaaten“ setzt Geflüchtete erheblichen Gefahren aus und toleriert Menschenrechtsverletzungen. Die Frontex hat laut der UNO die EU-Staaten bei Pushbacks von 40’000 Geflüchteten unterstützt, was zu etwa 2’000 Toten geführt hat. Die klar menschenrechtswidrigen Pushbacks werden finanziell von der Schweiz unterstützt. Bis zum Jahr 2027 will die Schweiz ihren Frontex-Anteil schrittweise von 24 Millionen auf 61 Millionen Franken erhöhen. Diese humanitäre Krise zeigt, dass unser System grundlegend unfair ist. Es schafft und fördert Ungleichheiten und weltweite Konflikte durch Ausbeutung. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die Migrationspolitik gerechter wird. Wir müssen auf allen Ebenen daran arbeiten, dass Menschen in Würde und Sicherheit leben können.
  • Zugängliche Sprachkurse und (schulische) Ergänzungsangebote
  • Oberländer Städte müssen sich als Sichere Häfen deklarieren und so der europäischen Abschottungspolitik entgegentreten. Sogenannte Sichere Häfen bezeichnen aufnahmebereit Städte. Bereits 320 solcher Städte sind bei der Seebrücke registriert, so auch die grossen Schweizer Städte.
  • City Cards: Die Oberländer Städte müssen analog zur Stadt Zürich City Cards einführen, die es Sans Papiers ermöglichen, sich auszuweisen, ihre Rechte wahrzunehmen und am öffentlichen Leben teilnehmen zu können.

Zugänglichkeit & Barrierefreiheit

In der Schweiz trat 2004 das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) in Kraft. Darin wurde ein erster Grundstein gesetzt für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Damit sich die Lebensrealität von Betroffenen jedoch wirklich verbessert hätte, wäre ein viel umfassenderes Gesetz notwendig gewesen. Anstelle einer Verbesserung durch das BehiG, gab die SVP mit ihrer Kampagne gegen «Scheininvalide» beinahe Zeitgleich zum neuen Gesetz, den Startschuss für eine bis heute anhaltende Odyssee von IV-Reformen und Rentenkürzungen. Die verheerenden Folgen dieser gezielten Hetze gegen Menschen mit Behinderungen sind für Betroffene nach wie vor deutlich spürbar.
Die UNO-Generalversammlung verabschiedet am 13.12.2006 die UN-Behindertenkonvention (BRK), die Schweiz ratifizierte1 diese im April 2014 und machte die BRK damit für die Schweiz rechtskräftig und verbindlich. Das Verständnis von Behinderung der UNO ist dabei umfassend, somit sind alle Menschen gemeint die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben und durch die Wechselwirkung ihrer Behinderungen und diversen Barrieren an der Teilhabe der Gesellschaft gehindert werden. Diese spezifische Konvention gibt es, weil Menschen mit einer Behinderung einen speziellen Schutz benötigen, sie schafft keine Sonderrechte, sondern setzt Menschenrechte aus Sicht von Menschen mit einer Behinderung um. Die Konvention soll zur Förderung der Gleichstellung und Inklusion in der Gesellschaft beitragen und Diskriminierungen in verschiedenen Lebensbereichen abbauen. 2022 wurde die Schweiz das erste Mal zur UN-BRK geprüft. Der Schattenbericht zeigt Probleme in der Umsetzung, rechtliche Lücken und den Handlungsbedarf aus Sicht von Behindertenorganisationen auf. Inclusion Handicap greift einige der Kritikpunkte aus dem Schattenbericht auf, so beispielsweise die fehlenden Unterstützungsleistungen für selbständiges Wohnen, die hohen Hürden beim Zugang zum Assistenzbeitrag der IV, den Ausschluss vom offenen Arbeitsmarkt oder auch die mangelhafte Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems.
Für die konsequente Umsetzung der UN-BRK bedürfte es unter anderem der Ratifizierung des Fakultativprotokolls2. Im Herbst 2022 wurde dem Bundesrat eine Petition mit 13‘000 Unterschriften eingereicht, die die Ratifizierung fordern. Die Antwort des Bundesrates ist jedoch noch ausstehend.

Im Zürcher Oberland

Im Kanton Zürich leben geschätzt 180’000 Menschen mit Behinderung. Im Zürcher Oberland gibt es viele Institutionen in denen Menschen mit Behinderung in Werkstätten arbeiten. Die Probleme dabei sind oftmals die fehlende Sinnhaftigkeit der Arbeit, die niedrigen Löhne, die Stigmatisierung und die Ausgrenzung der Menschen aus dem regulären Arbeitsmarkt.
Die (Behinderten-)Parkplatzsituation im Oberland lässt zu wünschen übrig (fehlende Statistik über Verfügbarkeit, fehlende und/oder schwammige Informationen über Kostenpflichtigkeit, etc.). Auch im ÖV sieht es nicht besser aus. 20 Jahre hätte die SBB, VZO und Co. Zeit gehabt den öffentlichen Verkehr behindertengerecht nachzurüsten. Am 01.01.2024 ist die 20-jährige Übergangsfrist für die Umsetzung des Behindertengleichstellungsgesetz abgelaufen, doch auch im Oberland sind viele Bushaltestellen und Bahnhöfe noch nicht barrierefrei.

Forderungen:

  • Erster Arbeitsmarkt für alle zugänglich machen
    Für eine inklusive Gesellschaft müssen Arbeitsgebende verbindliche Zielvorgaben für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen bekommen. Arbeitsgebende sollen durch Beratungen und Integrationsbeauftragte gecoacht und Betroffene beim Wechsel vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt unterstützt und begleitet werden.
  • Renten, die zum Leben reichen
    2022 war jede*r zweite IV-Bezüger*in auf Ergänzungsleistungen angewiesen. Jede sechste Person mit einer Behinderung war 2021 armutsgefährdet. Je stärker eine Person durch ihre Behinderung eingeschränkt ist, desto mehr steigt das Risiko von Armut. Diese Zahlen machen deutlich, dass die heutigen Renten nicht zu leben reichen. Inklusion kann nur gelingen, wenn Menschen mit Behinderungen die finanziellen Mittel zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten und zur selbstbestimmten Teilnahme am Alltäglichen Leben haben.
  • Keine systematische Abschiebung von IV-Bezüger*innen in die Sozialhilfe
    Weil die IV sparen muss, werden Menschen mit Behinderungen mit fadenscheinigen Gründen in die Sozialhilfe abgeschoben, wo sie kaum noch rauskommen, weniger Geld erhalten und stärker kontrolliert werden. Wir fordern daher ein schnelles und faires IV-Verfahren ohne unnötige Hürden. (Mehr Infos: Positionspapier JUSO Schweiz „Sozialversicherungen wie zu Gotthelfs Zeiten“)
  • Freie Wahl von Lebensort und Lebensform – Zugang zu preiswerten barrierefreien Wohnungen
    Wir fordern mehr bezahlbaren barrierefreien Wohnraum. Mangels solchen Wohnraums sind viele Menschen mit Behinderungen gezwungen in Heimen zu wohnen. Unterstützungsgelder sind oftmals an Heimplätze gebunden, wodurch die finanziellen Mittel für die Unterstützung von selbstbestimmten Wohnformen fehlen. Das muss sich ändern!
  • Zugang zu und Sicherstellung von Therapieplätze
    Im ganzen Zürcher Oberland gibt es Stand 20.01.2024 drei Therapeut*innen mit freien Therapieplätzen. Durch die wenigen freien Plätze kommt es zu langen Wartefristen, was Betroffene in massive Notsituationen geraten lässt. Das muss sich ändern. Der Zugang zu unmittelbarer und langfristiger Hilfe muss sichergestellt werden.
  • Gewalt an FINTA Personen mit Behinderungen statistisch erfassen und Gewaltprävention
    Das Ausmass eines Problems zu kennen, ist wichtig, um gezielt dagegen vorzugehen. Daher fordern wir die statistische Erhebung von Daten zu Gewalt an FINTA Personen mit Behinderungen. Studien aus dem Ausland lassen vermuten, dass Menschen mit Behinderungen signifikant öfter von Gewalt betroffen sind. Zudem fordern wir, dass Frauenhäuser und Schutzstellen auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.
  • Selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
    4 von 5 Menschen mit Behinderungen fühlen sich gemäss Inklusionsindex 2023 in mindestens einem Lebensbereich stark ausgeschlossen. Wir fordern deshalb, dass die Zugänglichkeit von Gebäuden, kulturellen Veranstaltungen, Vereinen, Parteien und Freizeitanlagen stärker gefördert wird. Selbstbetroffene sollen mit ihren Expertisen in den Abbau dieser Hürden einbezogen werden und die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden.
  • Nötige Assistenzen und Hilfsmittel sicherstellen
    Besonders geistig und psychisch beeinträchtigte Menschen erhalten zu wenig Assistenzleistungen, um in der Arbeitswelt Fuss zu fassen und um Ihnen die Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen. Die IV bezahlt nur gewisse Hilfsmittel unter strengen Auflagen. Daher fordern wir mehr Assistenz und Hilfsmittel für alle Menschen mit Behinderung.
  • Wahlrecht und politische Teilhabe für alle Menschen mit Behinderungen
    In der Schweiz sind Menschen die wegen einer Geisteserkrankung oder Geistesschwäche als unmündig gelten nicht wahlberechtigt. Damit verstösst die Schweiz gegen die UN-BRK. Dies betrifft rund 16‘000 Personen in der Schweiz. Wir fordern daher Strukturen und Unterstützungsmöglichkeiten die Menschen mit Behinderung eine selbstbestimmte demokratische Teilhabe ermöglichen. Zudem fordern wir eine stärkere Vertretung von Menschen mit Behinderung in politischen Ämtern sowie jegliche Förderung, Unterstützung und Umstrukturierung, die benötigt wird, um dies zu ermöglichen. Das Zürcher Oberland könnte dabei vor allem in der Gemeindepolitik einen entscheidenden Beitrag leisten.
  • Barrierefreiheit im öffentlichen Verkehr
    Wir fordern, dass sämtliche Bahnhöfe und Bushaltestellen barrierefrei werden. Da trotz 20-jähriger Frist immer noch jede Dritte Bushaltestelle im Kanton Zürich nicht barrierefrei ist, fordern wir, dass Menschen mit Behinderungen bis zur Behebung dieses Missstandes den öffentlichen Verkehr kostenfrei nutzen können.

1 Ratifizierung: bezeichnet die völkerrechtlich verbindliche Unterzeichnung eines internationalen Vertrages
2 Fakultativprotokoll: Ergänzt die UN-Behindertenrechtskonvention und erweitert die Kompetenzen des Ausschusses für Menschen mit Behinderungen nach Artikel 34 der UN-BRK um zwei Verfahren. Diese Verfahren zielen darauf, die Umsetzung und Überwachung des Übereinkommens zu stärken


Bildung

Bildung entspricht dem Fundament einer funktionierenden Demokratie. Nur wenn Bildung frei, demokratisch und für alle zugänglich ist, kann die Bevölkerung im demokratischen Prozess informiert und eigenständig mitbestimmen. Das Recht auf Bildung, wie es in der Bundesverfassung steht, sollte eigentlich allen Menschen in der Schweiz einen fairen Zugang zu Bildung zusichern. Bildung sollte nicht erziehend agieren, sondern Individuen mit den Werkzeugen ausstatten, die sie für eine eigenständige Meinungsbildung und das Hinterfragen ebendieser Meinungen benötigen. In einer freien Gesellschaft werden ausserdem im Zuge einer allumfassenden Bildung, Alternativen präsentiert und diskutiert. Eine Meinungshoheit abseits des wissenschaftlichen Konsenses darf in einem vollends demokratischen Staat nicht bestehen. Der Einfluss unserer Bildungsinstitutionen auf die Gesellschaft als Ganzes kann somit kaum überschätzt werden.
Es ist also kein Wunder, dass die zunehmende Liberalisierung und der Abbau von Hierarchiestrukturen innerhalb des Bildungsapparats, dem kapitalistischen Staat ein Dorn im Auge ist. Der offene Meinungsaustausch und die Akzeptanz für diverse Ansichten, die Ende des 20. Jahrhunderts immer mehr Klassenzimmer, Hörsäle und Ausbildungsstätten vereinnahmten, bedrohten die Deutungs- und Meinungshoheit der Besitzenden. Somit wurde in den letzten zwei Jahrzehnten auf unterschiedlichsten Wegen versucht, die institutionalisierte Bildung zu untergraben und auszuhöhlen. Dies geschah einerseits durch die Ausarbeitung des Lehrplan21, der klare Richtlinien bietet, was in den Klassenzimmern besprochen werden soll und was nicht. Da es jedoch kaum mehr möglich war die völlige Kontrolle über Inhalte und Themen zurückzuerlangen, wurde das Bildungssystem schlicht destabilisiert. Eine Welle an Sparmassnahmen und die klare Strategie, Schulen in den Gemeinden vor Ort monetär zu schwächen, waren ein Teil dieses Angriffs. Des Weiteren wurde in parteinahen Medien Stimmung gegen Bildungsinstitutionen gemacht. Das alles diente dazu die inklusive Volksschule und die staatlichen weiterführenden Bildungswege zu delegitimieren. Ziel dieser Strategie ist eine Privatisierung der Bildung, wie diese in den USA geschehen ist.
Es gilt also nicht nur die aktuellen Missstände im Bildungssystem zu bekämpfen. Sondern auch gegen diesen Angriff auf die Errungenschaften, die wir bereits erreicht haben standzuhalten. Im folgenden Teil formulieren wir Lösungsansätze und Forderungen wie dies vor Ort bei uns im Zürcher Oberland gemacht werden kann. Da Bildung in der Verantwortung unterschiedlicher Instanzen des föderalistischen Staates liegt, stellen sich diese Forderung sowohl an die Gemeinden als auch an die Bildungsdirektion des Kantons. Dieses Papier stellt jedoch keine Allumfassende Analyse des Bildungssystems dar und hat allein zum Zweck aufzuzeigen, wie regionale Bildungsinstitutionen gestärkt werden können und welche Schritte in den nächsten Jahren in den Oberländer Gemeinden getan werden müssen. (Für kantonale Strategien gegen den Lehrer*innenmangel verweisen wir gerne auf den 10-Punkte-Plan der SP Zürich.)

Unsere Forderungen und Lösungsansätze:

  • Wir fordern alle Schulgemeinden des Zürcher Oberlands dazu auf ihre Schulen zu demokratisieren. Dies betrifft sowohl die Ebene der Lehrenden wie auch der Lernenden. Lehrpersonen sowie Schüler*innen sollen aktiv das Geschehen an ihrer Schule mitgestalten können! Die Demokratisierung beinhaltet ausserdem einen graduellen Abbau aller hierarchischen Strukturen. Dies stärkt das Vertrauen in die Schule aller Personen im Schulumfeld. Ausserdem bietet es grossartige Möglichkeiten Lernende für demokratische Prozesse zu sensibilisieren.
  • Wir fordern von den Gemeindeexekutiven eine sofortige Einstellung des Sparkurses in der Bildung. Es benötigt jetzt Investitionen und eine Modernisierung der Infrastruktur. Gemeinden, für die das finanziell nicht möglich ist, sollen konkret durch den Kanton und die Bildungsdirektion unterstützt werden. Es kann nicht sein, dass die Qualität der Bildung abhängig ist von den Steuereinnahmen der Gemeinde.
  • Wir fordern kleinere Schulgemeinden dazu auf, sich zusammenzuschliessen. Viele der Herausforderungen, die die inklusive Schule bietet, lassen sich in einer Gemeinde mit tiefer Schüler*innenzahl nicht meistern. Diese Schulgemeinden sollen die Möglichkeit haben gemeinsam diese Hürde gemeinsam zu nehmen und beispielsweise auch Anstellungen gemeinsam tätigen zu können.
  • Wir setzen uns ein für eine Aufrechterhaltung und einen Ausbau der weiterführenden Bildungseinrichtungen, wie Berufsschulen oder Gymnasien. Diese Institutionen müssen zwingend lokal erhalten bleiben und weiter kantonal gefördert werden. Auszubildende und Schüler*innen dürfen nicht gezwungen werden lange Wege auf sich zu nehmen, um Bildung geniessen zu können.
  • Wir fordern die Schulleiter*innen dazu auf Bildungsprogramme zu Diversität und Antirassismus in ihren Schulen umzusetzen. Gerade in ländlichen Regionen, wo Diversität im Schulalltag kaum eine Rolle spielt, bleiben Vorurteile und rassistische Gedankenstrukturen hartnäckig in den Köpfen. Dieses Problem darf nicht ignoriert werden, sondern muss so früh wie möglich angesprochen werden. Einerseits müssen Lehrpersonen sensibilisiert und ausgebildet werden, andererseits müssen sie durch externe Fachpersonen unterstützt werden.
  • Wir fordern die Schaffung von ausserschulischen Kultur- und Bildungsangeboten für jung und alt in Oberländer Gemeinden. Bildung beschränkt sich nicht auf die Schule oder die Ausbildung, noch ist sie an ein bestimmtes Alter geknüpft. Für die Möglichkeit von offenen Bildungs- und Kulturangeboten, muss jedoch meist eine Reise in die Stadt in Kauf genommen werden, was die Teilnahme erschwert. Diese Angebote sind jedoch ein wichtiger Bestandteil einer gebildeten Gesellschaft. Deshalb müssen lokal solche Angebote gefördert und ausgebaut werden.
  • Wir fordern kostenlose Förderangebote im ganzen Oberland. Wer im ZO von Förderangeboten wie beispielsweise einer Gymivorbereitung profitieren will muss entweder Geld in die Hand nehmen oder eine längere Anreise in Kauf nehmen. So festigen sich Bildungsunterschiede und der Fairness wird erheblich geschadet. Förderangebote müssen lokal und kostenfrei allen zur Verfügung stehen. Mit lokal ist nicht jede Gemeinde gemeint, auch hier müssen die Gemeinden zusammenarbeiten und Förderangebote gemeinsam für Menschen aus der Region anbieten.
  • Eine Behinderung darf nicht zu Nachteilen in der Bildung führen. Wir fordern deshalb, dass alle Bildungseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen vollständig zugänglich sind. Wo dies nicht schon der Fall ist, müssen entsprechende Massnahmen so schnell wie möglich ergriffen werden.
  • Inklusion bedeutet nicht nur die Möglichkeit im Unterricht anwesend zu sein, sondern auch die aktive Teilnahme am Lerngeschehen. Das Konzept der inklusiven Schule muss an den Schulen im Oberland weiter gefördert werden. Bestrebungen gegen die Inklusion verstossen gegen die Behindertenrechtskonvention und sind somit menschenrechtswidrig, Kanton und Gemeinden müssen diese konsequent unterbinden!
  • Wir ermutigen Bildungsdirektorin Silvia Steiner die sicheren Stadtmauern zu verlassen und Bildungseinrichtungen im Oberland zu besuchen. Sie muss sich die Herausforderungen und Zustände vor Ort anschauen, um ihr Ressort kompetent leiten zu können. Abseits von sogenannten «Vorzeigeschulen» und Apèros ist sie jedoch kaum zu sehen. Ihr muss klar werden, dass gerade die ländlichen Regionen jetzt gefördert werden müssen.

Antifaschismus

Rechte von trans Menschen werden zunehmend angefeindet und eingeschränkt, neonationalistische Symbole werden in Klassenchats in Form von virtuellen “Stickern” verbreitet, antifeministische Influencer indoktrinieren Kinder mit Gewaltfantasien und rechtsextremistische Gruppen wie die “Junge Tat” kuscheln mit parlamentarischen Parteien: die Beispiele sind zahlreich und in der Tendenz zunehmend, die Gefahr des Faschismus grösser als je zuvor seit den Grauen des zweiten Weltkriegs. Antifaschistische Arbeit ist wichtiger denn je, auch im Zürcher Oberland. Institutionelle Ignoranz und gesellschaftliche Umstände verhindern den Stopp des Faschismus vor den Toren des Zürcher Oberlands.

Historischer Hintergrund und Faschismusbegriff

Der Faschismus erlebte seine Geburtsstunde in den 1920er Jahren, als Eigenbezeichnung des italienischen Diktators Benito Mussolini für seine Schreckensherrschaft, welche Einfluss auf das gesamte Europa des 20. Jahrhunderts nahm, unter anderem auch in enger Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Deutschland. In der Forschung herrscht Uneinigkeit über die genaue Definition des Faschismusbegriffs. Die folgenden Merkmale sind allerdings mehrheitlich als zentral für faschistische Bewegungen anerkannt: der Faschismus verfolgt eine gewaltvolle, antiliberale, antikommunistische, autoritärnationalistische, rassistische, antifeministische, antisemitische Ideologie. Oder etwas kürzer gefasst: Der Faschismus ist eine politische Ideologie, welche rechtsextreme, rassistische und fremdenfeindliche Gedanken vertritt (Toyka-Seid, 2023). Er hat das Ziel Massen zu mobilisieren und „terroristische und kriegerische Praxis“ (Häusler & Fehrenschild, 2020) in Realität umzusetzen. Häufig wird auch auf die Berufung völkischer Ideen verwiesen, die ganz nach sozialdarwinistischer Logik die „natürliche“ Überlegenheit des eigenen Volkes zu beweisen versuchen. (Wosnitzka, 2015)

Antifaschismus

Die Existenz rechtsextremer und neofaschistischer Bewegungen in Europa und vielen anderen Teilen der Welt, stellt eine reale Bedrohung für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte dar, sowie eine existenzielle Bedrohung für marginalisierte Gruppen und politische Gegner*innen. Migrantische Personen, rassifizierte Personen, Menschen mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen, Frauen, genderqueere Personen, jüdische Menschen und muslimische Menschen sind besonders stark gefährdet vom Neuaufflammen des Faschismus und dessen Bündnis mit den etablierten rechtsradikalen Kräften weltweit. „Antifaschismus bedeutet sich der freiheitsfeindlichen, undemokratischen, diskriminierenden und ausgrenzerischen Politik von faschistischen und rechtsaussen Parteien entgegenzustellen. Antifaschismus muss zum Selbstverständnis einer demokratischen Gesellschaft gehören.“ (JUSO Schweiz, 2023)
Antifaschismus beginnt nicht erst bei der Bekämpfung des paramilitärischen1 Arms eines faschistischen Regimes, sondern auch schon in der Bekämpfung des menschenfeinlichen Gedankenguts der konservativen und radikalen Rechten. Parteien wie die SVP in der Schweiz, die Rassemblement National in Frankreich, die AfD in Deutschland, die Fratelli d’Italia oder die Republikanische Partei in den USA haben längst die Grenzen des äusseren rechten Randes erreicht oder gar überschritten und stehen in regem Austausch mit Rechtsextremen und Neonazi Gruppen. Beispielhaft dafür ist der Angriff auf eine Drag Story Time für Kinder im Jahr 2022 durch die Neonazi Gruppe „Junge Tat“ zu nennen (Garne, 2022), welcher mit einem Vorstoss, eben diese Drag Veranstaltungen zu verbieten, im Parlament von der SVP kurze Zeit später Rückendeckung bekam (Scherrer, 2022). Immer wieder werden Verbindungen zwischen Repräsentant*innen der SVP und Personen aus der rechtsextremen Szene bekannt: der Parteipräsident Chiesa trifft sich mit Anhängerinnen von „Némésis“, einer „feministischen“ rechtsextremen Frauengruppe aus der Westschweiz (Eberhard, 2023); der ehemalige SVP-Präsident von Buchs wird Mitglied bei der „Jungen Tat“ (Biethenhard, 2023); SVP-Nationalratskandidatin Wegelin aus Winterthur delegiert ihren Social Media Wahlkampf an Mitglieder der „Jungen Tat“ (SRF, 2023); die Liste geht scheinbar endlos weiter.
Die neue Rechte verbreitet ihre menschenfeindlichen Ideologien via Social Media, tritt aufgeräumt und mit dem Image des „engagierten, traditionsorientierten Schwiegersohnes“ auf und erlangt damit eine nie zuvor gesehene Reichweite. Insbesondere sehr junge Jugendliche werden mit extrem rechtem Gedankengut via Memes, Tiktok-Videos und Podcasts konfrontiert, welche durch ihre Niederschwelligkeit scheinbar harmlos wirken. Die darin verpackte Hetze und der Hass ist jedoch nicht weniger fatal, als jener, welcher vor 100 Jahren tausenden Menschen das Leben gekostet hat. Das Schüren von Ängsten gegenüber marginalisierten Gruppen und das gezielte Streuen von Misstrauen in Demokratie, Medien und Politik führt zu Verunsicherungen in der Bevölkerung, in einer Zeit die durch unzählige Krisen ohnehin bei vielen Menschen für Unsicherheit sorgt. Gleichzeitig „inszeniert sie sich nicht nur als Alternative [zu dieser unsicheren Gesellschaft], sondern als einzige Rettung in der von ihr eigens verursachten Not“ (JUSO Schweiz, 2023). Denn es sind nationalistische, imperialistische und rassistische Motive, welche kapitalistische Ausbeutung legitimieren und die heutigen Krisen verursachten und aufrechterhalten. Droht der Kapitalismus schlussendlich an den eigenen Krisen zu scheitern, so bietet der Faschismus seine letzte Rettung, denn er stellt die kapitalistische Ordnung nicht grundsätzlich in Frage, sondern stützt diese in Krisenzeiten sogar häufig (JUSO Schweiz, 2023). Der Kapitalismus wird sich seiner Selbst wegen immer auf die Seite des Faschismus schlagen.
Antifaschismus stellt sich gegen jegliche menschenverachtenden Ideologien, nicht erst, wenn sie einer engen Definition von Faschismus entsprechen. Denn die realexistente Gefahr, die von solchen Ideologien ausgeht, gilt es ernst zu nehmen und im Keim zu ersticken, um existierende Gewalt zu bekämpfen und noch Schlimmeres zu verhindern. Kein Vergeben, kein Vergessen, nie wieder Faschismus!

Das Zürcher Oberland, ein Hotspot für rechtsextremes Gedankengut

Schon seit längerer Zeit häufen sich rechtsextreme Vorfälle und Treffen von Neofaschist*innen im Zürcher Oberland. Vertreter*innen der Szene fühlen sich scheinbar wohl in diesem Gebiet, denn sie halten nicht nur ihre Veranstaltungen in der Region, sie wohnen auch hier. Personen wie Matthias Melchner, Kevin Gutmann und Ondrej Ciporanov nutzen ihr Tattoo-Studio in Bubikon als Treffpunkt für Rechtsextreme (Zürichsee-Zeitung, 2017), ihre Wohnungen in Rüti und Hombrechtikon dienen als Waffenlager (Glaus, 2020). Gutmann ist mehrfach vorbestraft wegen Körperverletzung und Rassendiskriminierung (Germann, 2018), Melchner ist angeklagt wegen Rassendiskriminierung und Waffenbesitz und ist Mitorganisator des Rechtsrockkonzertes in Unterwasser (Sahli, 2016), andem 6000 Neo-Nazis teilgenommen haben. Im Zürcher Oberland fanden ähnliche Anlässe statt: ein Rechtsrock-Konzert in Rüti (Tagesanzeiger, 2022), ein Fackelumzug in Hombrechtikon (Tagesanzeiger, 2012). Ausserdem fällt die erstarkende Vernetzung zwischen rechts-esoterischen Gruppierungen und neurechten Kräften wie der «Jungen Tat» insbesondere seit der Corona Pandemie auf. 2022 wurde in Dübendorf eine Veranstaltung des Scheinstaates «Königreich Deutschland» durchgeführt, die Veranstaltung zog regionale und internationale Reichsbürger*innen2 an (Gaemperli, 2022). In Seegräben veranstalten Freiheitstrychler zusammen mit der «Jungen Tat» eine Demonstration mit dem Narrativ des «Remigrations»-Mythos (Krähenbühl, 2023), welcher die Ausschaffung von migrantischen Personen fordert, um vermeintlich fehlenden Platz für weisse Schweizer*innen zu schaffen. Im selben Jahr trafen sich Vertreter*innen rechtsradikaler Parteien, Reichsbürger*innen, Libertäre, Verschwörungsideolog*innen und neo-Faschisten am «Freedom Festival», verleugneten und verhöhnten den Holocaust und die Corona-Pandemie und verbreiteten gefährliches rechtsradikales Gedankengut (Van Moorsel, 2023).
Die Bedrohung von Rechts dringt vor bis ins Bildungssystem. Die in der Corona-Pandemie formierten Kräfte diverser verschwörungsideologischer, rechtsextremer und querulantischer Strömungen bildeten den perfekten Nährboden für die völkischen Ideen der Reichsbürger*innen. Der Aufbau einer alternativen Parallelgesellschaft beinhaltet auch Schulen mit alternativ-esoterische Erziehungsmethoden. Eine dieser Schulen wurde 2022 mit kantonaler Bewilligung in Rikon ZH eröffnet. Die Schule “Campus Vivere” ist stark vernetzt mit dem “Institut Trivium United”, einer der Reichsbürger*innenszene zuzuordnenden Vereinigung (Schmalz, 2022). Sowohl die Bundesrepublik Deutschland sowie der Schweizer Staat werden von ihr nicht anerkannt, es werden sogar alternative Pässe an Mitglieder ausgehändigt. Auf dem “Campus Vivere” wurden in der Vergangenheit diverse Vorträge zu bekannten Themen der Reichsbürger*innenszene gehalten. Einer der Redner*innen war Christian Frei: Reichsbürger, Staatenverweigerer und Moderator des Telegram Kanals “PERSON wird :Mensch”, welcher unter anderem auch die Schule “Campus Vivere” anpries (Djurdjevic, 2022; Farbundbeton, 2022). Ausserdem pflegt er Kontakt zur “Graswurzle” Bewegung (Farbundbeton, 2022), welche ebenfalls, wie die anderen genannten Organisationen, den Aufbau eines alternativen Bildungssystems propagiert und von Verschwörungsmythen durchzogen ist. Kindern wird von klein auf die Ablehnung des Staates und der Demokratie gelehrt und ein völkisches Ideal indoktriniert (Stamm, 2022), in dem von einer Blutsverbundenheit von Boden und «dessen Völkern» die Rede ist. Dies ist das Fundament einer zutiefst rassistischen Weltanschauung. Die “Schule Zürichsee” in Hombrechtikon entstand aus eben dieser “Graswurzle” Bewegung und wirbt mit Veranstaltungen zur hoch umstrittenen “Schetinin”-Pädagogik (Farbundbeton, 2022; Röpke, 2023). Bildung ist fundamental für die Entwicklung unserer Gesellschaft und Sozialisierung unserer Kinder. Um eine freie und solidarische Gesellschaft aufzubauen, ist deren Befreiung von diskriminierenden Inhalten und völkisch-ideologischen Ideen essenziell.
Die Behörden scheinen die Problematik der erstarkenden rechtstextremen Szene und deren Vernetzung unter anderem im Zürcher Oberland nicht als besorgniserregend zu betrachten, beziehungsweise ignorieren diese gekonnt. Unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit toleriert die Schweizer Regierung Nazi-Symbolik und Hitlergruss nach wie vor, anstatt diese als Strafbestand zu verbieten (Wenger, 2022). Hass und Hetzte sind keine Meinung! Auch die oben genannten Veranstaltungen waren nicht unvermeidbar. Dem Nachrichtendienst und der Polizei waren die meisten der Neonazi- und Reichsbürger*innen-Treffen bereits im Voraus bekannt und hätten durch sorgfältige Recherchearbeit vermieden werden können. Doch die behördliche Ignoranz erstaunt kaum, werden die zahlreichen Fälle von Rechtsextremismus in der Polizei und die besonders repressive Gewalt gegen linke Aktivist*innen betrachtet (Ritscher, 2021). Das Abzeichen “The thin blue line” wurde in den letzten Jahren beispielsweise gehäuft auch bei Polizist*innen gesichtet. Dieses Symbol wird von rechtsextremen Gruppierungen und Verschwörungsideolog*innen wie der Organisation Mass-Voll oder den Trump-fanatischen Stürmer*innen des Kapitols in den USA benutzt. Die blaue Linie soll die Polizei darstellen, welche symbolisch zwischen den “rechtschaffenden Bürger*innen” und dem vermeintlichen gesellschaftlichen Chaos stehe (ZüriToday, 2022). Zudem scheint die Polizei die Verbreitung von rechtsextremem Gedankengut durch ihre Beamten nicht als Grund genug anzusehen, diese von ihrem Dienst zu entlassen, wie dies beispielhaft am Fall zweier Mitarbeiter der Kantonspolizei Basel-Stadt zu sehen ist (Ritscher, 2021).Die Polizei ist eine unreformierbare Institution, welche nicht nur verfehlt den Faschismus angemessen zu bekämpfen, sondern diesen sogar in den eigenen Strukturen stützt.

Unsere Forderungen:

Antifaschismus als Selbstverständnis unserer Demokratie

  • Alle in den Parlamenten vertretenen Parteien müssen sich klar gegen neo-faschistisches Gedankengut positionieren. Die Verwässerung der Rechtsextremen Szene und der parlamentarischen Politik der SVP und co. verharmlost neo-faschistische Ideen und macht diese bis in die Mitte der Gesellschaft zugänglich. Es braucht eine klare Brandmauer gegen Rechts, um diese Verharmlosung zu vermeiden und eine Wiederholung der Geschichte zu stoppen.
  • Wir fordern eine gründliche und präventive Recherche zur Rechtsextremen Szene im Zürcher Oberland und ein vorzeitiges Eingreifen der Behörden bei verdächtigen Personen, Organisationen und Veranstaltungen. Antifaschistische (Recherche-)Arbeit darf nicht auf ehrenamtliche antifaschistische Gruppierungen abgewälzt werden.

Für eine ideologiebefreite Bildung

  • In der Schule soll umfänglich und ehrlich über den historischen Faschismus und die damit verbundene Rolle der Schweiz aufgeklärt werden.
  • Ausserdem soll Präventionsarbeit an Schulen bezüglich neo-faschistischen Bewegungen besonders auf Social Media geleistet werden. Jugendliche und Kinder müssen vor gefährlichen und menschenfeindlichen Ideologien geschützt werden.
  • Die Verbreitung rechts-esoterischer Schulen im Zürcher Oberland müssen verhindert werden. Antisemitische, rassistische und völkische Ideologien haben im Bildungssystem nichts zu suchen.

Keine Repression gegen antifaschistische Arbeit

  • Repression auf der Strasse und im Parlament gegen antifaschistische Arbeit ist demokratiefeindlich. Wir fordern die Beendung polizeilicher und behördlicher Repression gegen antifaschistische Arbeit und die Einhaltung des Versammlungsrechtes und des Rechts auf Protest.

Klare Gesetze gegen Rechtsextremismus

  • Rechtsextreme fühlen sich in der Schweiz wohl, besonders im Zürcher Oberland. Die Schweiz hat die Verantwortung ihre Bevölkerung und die Demokratie zu schützen und muss deshalb ihre lasche Gesetzgebung bezüglich Nazi-Symboliken, Hitler-Verehrungen und Diskriminierungsverbot dringend verschärfen.

1 paramilitärisch: Truppen und Einheiten, die nicht zu den eigentlichen Streitkräften eines Landes gehören aber dennoch militärisch ausgerüstet sind.
2 Reichsbürger*innen: lehnen die Existenz eines demokratischen Staates und dessen Rechtssystem ab mit der Berufung auf das historische Deutsche Reich oder verschwörungstheoretischen Argumenten. Die ihrer Ansicht nach illegitimen Strukturen sollen durch eine Parallel- oder Alternativgesellschaft ersetzt werden.


Demokratie

Im Zürcher Oberland gibt es massive Demokratiedefizite. Wer bereits einmal an einer Gemeindeversammlung teilgenommen hat, weiss wovon die Rede ist. Es sind immer die gleichen alten, weissen Männer, die an diesen Versammlung den Ton angeben und sämtliche Entscheidungen zu grossen Teilen beeinflussen – die Dorfkönige, wie sie Claude Longchamp in seiner Kritik an der Volketswiler Gemeindeversammlung nennt.
Personen, die zu gegebener Zeit arbeiten, auf Kinder aufpassen müssen oder zum Beispiel aus Gesundheitlichen Gründen nicht an der Gemeindeversammlung teilnehmen können, bleiben die Demokratischen Mitspracherechte verwehrt. Zusätzlich haben nicht alle Menschen genügend Ressourcen, um sich ausführlich auf die teilweise äusserst komplexen Vorlagen vorbereiten zu können, weil beispielsweise die Sprache zu kompliziert ist für Personen die nicht muttersprachlich Deutsch sprechen oder weil nach der Arbeit schlicht nicht mehr genügend Zeit dafür bleibt.
Zu guter Letzt haben wir im Zürcher Oberland dieselben Demokratiedefizite wie im Rest der Schweiz, dass ein Viertel der Schweizer Bevölkerung von den politischen Prozessen ausgeschlossen sind – namentlich Nicht-Schweizer-Staatsbürger*innen, Minderjährige und teilweise auch Menschen mit Behinderungen.

Wir fordern:

  • Sämtliche Gemeindeversammlungen werden durch Parlamente abgelöst! Untersuchungen zeigen, dass bei Gemeinden ab 10‘000 Einwohner*innen ein Parlament das geeignetere Gremium ist. Aktuell haben lediglich die vier Gemeinden Uster, Dübendorf, Wetzikon und Illnau-Effretikon von den insgesamt elf Gemeinden über dieser Grenze ein Parlament. In Wald, Gossau, Maur, Hinwil, Pfäffikon, Rüti und Volketswil wäre ein Parlament überfällig, Volketswil hat gar beinahe 20‘000 Einwohner*innen.
  • Gemeinden fusionieren, für mehr Demokratie und Effizienz! Insbesondere die Gemeinden, die aktuell noch weniger als 10‘000 Einwohner*innen zählen, sollen zu grösseren Gemeinden fusionieren, sodass in jeder Gemeinde ein Parlament umgesetzt werden kann. So können Ressourcen zusammengelegt und die Demokratie ausgebaut werden.
  • Stimmrecht für Alle! Automatisches Stimmrecht für alle, die seit 5 Jahren in der Schweiz leben. Stimmrecht ab 16 Jahren.
  • Demokratisierung aller Lebensbereiche! Ein Grossteil unseres Lebens spielt sich am Arbeitsplatz ab. Dort treffen jedoch nicht die Arbeiter*innen die Entscheidungen, sondern die Besitzenden, die Kapitalist*innen. Für Demokratie müssen alle Lebensbereiche demokratisiert werden, insbesondere Wirtschaft, Boden und Produktionsmittel.
Das Visionspapier als PDF

Quellen:

Gleichstellung:

Klima & Umwelt:

Wohnen & Leben:

Antirassismus & Migration:

Zugänglichkeit & Barrierefreiheit:

Bildung:

Antifaschismus:

Demokratie: