Sehr geehrter Herr Heininger
Vor vier Jahren – ich war zum damaligen Zeitpunkt 15 – versuchte ich mir das Leben zu nehmen. Ich schluckte all die Tabletten, deren ich habhaft werden konnte, und wartete. Irgendwann begann mein Herz zu rasen, unheimlich schnell, ich wurde panisch, konnte nicht mehr atmen, nicht mehr denken, alles war so verschwommen, die Wände rückten immer näher und ich musste raus, raus, einfach nur raus. Auf der Strasse brach ich zusammen und wurde notfallmässig ins Spital eingeliefert.
Sie fragen sich bestimmt, warum ich Ihnen das alles erzähle. Nun, am 21. Mai wird im Kanton Zürich über die Privatisierung des Kantonspital Winterthurs und der Integrierten Psychiatrie abgestimmt. Werden diese Spitäler jedoch an Private verscherbelt, sind sie gezwungen, Gewinn zu erwirtschaften – auf Kosten der Patient*innen und der Angstellten. Denn um Profit zu erzielen, müssen die Ausgaben gesenkt werden – indem Stellen gestrichen, Arbeitsbedingungen verschlechtert und geringer qualifiziertes Personal eingstellt wird. Oder die Spitäler ordnen unnötige und teure Untersuchungen und Massnahmen an, um so die Gesundheitskosten in die Höhe zu treiben. Darunter leiden werden insbesondere die Angstellten in der Pflege, die bereits jetzt an ihre Grenzen stossen und die in Zukunft keine Zeit mehr haben werden, sich Patient*innen wie mir anzunehmen. Das kann Leben kosten.
Sie, sehr geehrter Herr Heiniger, versuchen aus dem Leid psychisch und physisch kranker Menschen möglichst viel Profit herauszuschlagen. Der Mensch verschwindet bei einer solchen Gewinnfixierung jedoch völlig aus dem Blickfeld. Das darf nicht passieren! Patient*innen sind keine Ware und Gesundheit kein Geschäft.
Kein Profit aus meinem Suizidversuch!
Mit freundlichen Grüssen
Eine Betroffene